Schüler sangen und spielten für Schüler
Wohl keine Lehranstalt ist im Bewusstsein der Eisleber so beliebt und verehrt wie das heutige altehrwürdige Martin-Luther-Gymnasium am Carl-Eitz-Weg.
Am 22. April 1911wurde das heutige neugotische Gebäude als Seminar für Lehrerausbildung eingeweiht. 10 Jahre später zogen das Luthergymnasium und die Oberrealschule in das Gebäude ein und setzten damit die langjährige Tradition als Bildungsstätte bis heute fort.
Verständlich, dieses Jubiläum festlich zu begehen, denn der gute Ruf der Ausbildungsstätte war und ist legendär. An der Schule das Abitur mit einem guten oder sehr guten Notendurchschnitt abgelegt zu haben, öffnete die Türen zum Studium.
Zum Jubiläumsfest am 13. Oktober waren deshalb zahlreiche ehemalige Schüler, aber auch Lehrer angereist. Mit einem „Tag der offenen Tür“ am 12.10.2001 begannen diese Erinnerungstage, den ehemalige Schüler, Eltern aber auch Lehrer nutzen, in die Vergangenheit der 100-jährigen Schulgeschichte „Schule einstmals“ einzutauchen.
Zur Festveranstaltung war die Aula bis auf den letzten Platz gefüllt. Das Auditorium von Schülern und Lehrern erlebte einen prall gefüllten Programmlauf einer fast dreistündigen Festveranstaltung, den Schüler und Lehrer monatelang mit viel Liebe vorbereitet hatten.
Direkt unter dem Lutherbildnis hatten über 100 Schüler in einem extra für das Fest formierten Schulchor Aufstellung genommen. Die Musiklehrer Andreas Harzer und Birgit Weise hatten sie bestens auf das Konzert vorbereitet. Mit dem bekannten Lutherlied „Glaub nicht alles was du weißt“ eröffnete die Sängerschar fein gesungen unter dem Dirigat von Jörg Eberlein die Festveranstaltung.
Direktor Jörg Goldbach begrüßte die Ehrengäste, so Landrat Dirk Schatz, Oberbürgermeisterin Jutta Fischer und Andreas Riethmüller von der Schulverwaltung des Landesverwaltungsamtes, als auch die beiden ältesten Abiturienten Werner Thurm (92) aus Helbra, der vor 73 Jahren sein Abitur machte und Dr. Hoffmeyer (85) aus Kiel, der 1944 sein Abitur ablegte und emotional über sein beeindruckendes Leben als Wissenschaftler sprach.
Andreas Riethmüller erinnerte in seiner Laudatio daran, dass das Schulgebäude auch als ein Sinnbild für 100 Jahre deutsche Geschichte steht und hofft auf gedeihliche Weiterführung der schönen Schule. Für Landrat Schatz, der vor 30 Jahren sein Abitur ablegte, steht die Schulzeit auch für Freundschaften, Liebe und bleibende Erinnerungen. Unter Beifall versprach er, dass für die Schule eine neue Sportanlage errichtet wird. Die Eisleber Oberbürgermeisterin sieht ihrerseits einen Handlungsbedarf, Luthers Wirken im Unterricht weiterhin zu vertiefen und zu pflegen.
Festredner Prof. Dr. Wendt von der Universität Darmstadt sprach zum Thema „Wasserstoff- und Brennstoffzellen, ein Beitrag zur Energiewende?“ Das naturwissenschaftlich brisante, von ihm erforschte, Thema stieß jedoch als Festvortrag zu einem Schuljubiläum auf gewisses Unverständnis. In Erinnerung bleibt aber seine Feststellung: Bildung soll den Menschen befähigen, sich der Vergangenheit zu stellen, die Gegenwart bewusst zu leben und die Zukunft zu gestalten. Dabei sind Neugier und Lernbereitschaft sowie soziales Engagement Grundvoraussetzungen.
Schüler und Lehrer hatten ein wunderschönes Jubiläums-Programm aus Klassik, Gegenwart, Kabarett, Film und Instrumentalmusik vorbereitet, welches das Leistungsspektrum der Schülerinnen und Schüler akustisch und optisch in bemerkenswert gekonnter und emotionaler Weise widerspiegelte.
So erklang wohlklingend und kraftvoll die Interpetation von Rolf Zuckowskis Lied „Lieder, die wie Brücken sind“. Aber ebenso schön anzuhören war das mit Klangstäben und herrlicher Ausstrahlung vorgetragene Lied „Der alte Schulhof“ sowie das moderne Lied „Swing“. Verdient der herzliche Beifall und ein Dankeschön an die Lehrer für ihre Befähigung, die Sänger zu solch beeindruckenden Leistungen zusammenzuführen.
Die Theatergruppe, die Björn Schaff und Annette Piro betreuen, hatte mit dem Szenenspiel „Wie es uns gefällt“ die Lacher auf ihrer Seite. Unglaublich, was so alles passieren kann, wenn ein Mädchen zum ersten Mal das Schulgebäude betritt, mit dem organisatorischen Ablauf der Schule nicht vertraut ist und sie ihren Klassenraum in zwei Schulen suchen muss. So begegnet sie Martin Luther (sehr gut Julian Burghardt), trifft Lehrer, Büromitarbeiter und Schüler und erfährt letztendlich: Schule kann doch ganz schön hart sein, wenn so vieles sich nicht zusammenreimt. Die humorvolle Kritik am Schulwesen wurde mit frenetischem Beifall begleitet wie ebenso die Premiere des Films „Ein Wegweiser sein.“, den 12 Eisleber Schüler unter Leitung der Film AG-Vorsitzenden Nicola Kiczinski und dem Filmgymnasium Babelsberg gemeinsam produzierten. Unter Regie von Katharina Bruckner begeben sich Schüler mit Martin Luther (überzeugend Benjamin Weigend) auf erklärende Suche nach seinen Lebensstationen, die Weltgeschichte geschrieben haben. So werden der Ablasshandel mit Tetzel (aufgezeigt), die Augustinerklosterzellen in der St. Annen Kirche, die Luthers Wirken als Augustiner Mönch im Mansfeldischen aufklären, aber auch die Hochzeit mit Katharina von Bora nachstellt. Historische Orte mit historischer Kleidung, gut gespielt und recherchiert, machten die 10-minütige Filmpremiere zu einem Gang durch die Geschichte, einem erfahrungsreichen Erlebnis, das vom Publikum mit stehendem Beifall und Bravo-Rufen gedankt wurde.
Dieser Beifall erreichte auch Werner Turm aus Helbra, der der Schule ein Gemälde mit historischer Schulansicht schenkte.
Mit einem gemütlichem Zusammensein, das die Schüler selber vorbereitet hatten, ging ein Schuljubiläum zu Ende, das unter die Haut ging, weil es ideenreich Schüler und Lehrer vereinte, die mit Herz und Sachverstand am Gesamtkonzept arbeiteten und den ehemaligen Abiturienten Olaf Sendel aus Unterrißdorf zu dem Urteil kommen ließ: „Es war erhebend, was heute geboten wurde. Frisch und ehrlich wurde aufgezeigt, wo noch der Schuh drückt. Die Jugendlichen waren wie die Lehrer hervorragend dabei. Klasse, so muss Schule heute sein“.