500 Jahre Eisleber Neustadt

Eisleben feierte vom 24.-26. Juni 2011 „500 Jahre Eisleber Neustadt“
Vielseitiges Programm gab Einblicke in die Stadtgeschichte

Was geschichtsträchtig ist, muss auch ordentlich gefeiert werden, sagten sich der Gemeindekirchenrat der St. Annenkirche, Pfarrer Christoph Hellmich, die Stadtverwaltung der Lutherstadt Eisleben, der Landesheimatbund Sachsen – Anhalt e.V., der Mansfelder Geschichts- und Heimatverein e.V. und der Verein der Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V. und veranstalteten nach monatelangen Vorbereitungen ein gemeinsames Jubiläumsfest: 500 Jahre Eisleber Neustadt.
So stand die Bergmannskirche St. Annen und das darum liegende Arial vom 24. bis 26. Juni im Blickpunkt des Interesses.
Bereits am Freitag eröffnete die Oberbürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben, Jutta Fischer, im Beisein des Kulturattaché und Beauftragten für deutsch-französische Angelegenheiten in Sachsen-Anhalt, Christophe De Winter die zahlreichen Gäste. Im vergangenen Jahr besuchte Herr De Winter die Lutherstadt Eisleben und bei diesem Besuch entstand die Idee, auch in der Lutherstadt Eisleben künftig um den 21. Juni eine „Fête de la Musique“ zu veranstalten.
Grundidee der Fête ist es, den Sommer mit Musik zu begrüßen und gleichzeitig einen Tag der musikalischen Vielfalt, bei dem jeder mitmachen kann, zu veranstalten.
Der Erfolg kommt durch das Prinzip.
Die "Fête de la Musique" ist ein Live-Musikfest ohne Gewinnabsichten.
Es wird von den Bürgern für die Bürger und deren Gäste der jeweiligen Stadt gestaltet. Das Fest ist offen für alle Stilrichtungen und Musiker, egal ob Profi oder Amateur, es ist öffentlich zugänglich und kostet keinen Eintritt.
Aus diesem Grund zog es viele Jugendliche auf den Annenkirchplatz, um u. a. gemeinsam mit dem „Doppelquartett“ des Martin-Luther- Gymnasium, den Linedancern und der Jumpstyl - Gruppe der Katharinenschule ein fröhliches Fest der Musik zu feiern.
Aus Frankreich waren die horrormäßig geschminkten Musiker der Gruppe „MacAbbe et le Zombi Orchestra“ am Start. Im Anschluss folgte die erst vor einigen Tagen als „Beste Nachwuchsband – im Landkreis Mansfeld-Südharz“ ausgezeichnete Band „Well-know pix“. Es folgten der „Sweet Lake“ e.V. – die Countryfreunde aus Erdeborn, die gleich Ihren Nachwuchs - die "Little Stars from Sweet Lake" mitgebracht hatten.
Nach „Jan Tschatschula“ und „Alex The Tramp“ folgte am späten Abend die Gruppe „Planet-Emly“ aus Hannover. Trotz einiger Regenschauer spielte diese Gruppe ihre Lieder und begeisterte das Publikum.
Der Sonnabend stand ganz im Zeichen der regionalgeschichtlichen Tagung. Die Oberbürgermeisterin begrüßte die über 100 Gäste in der St. Annenkirche. Im Anschluss verfolgten die Interessierten mehr als 8 Stunden den interessanten Ausführungen der hochkarätigen Wissenschaftler und Heimatforscher.
Wie ein roter Faden zog sich durch alle 6 Fachvorträge die Gründung der Eisleber Neustadt mit dem dazugehörigen Annen-Kloster sowie die Rolle des Bergbaus und Hüttenwesen als Lebensgrundlage der an der Neustadt angesiedelten Bergleute und vor allem die Rolle, die Graf Albrecht der IV. bei der Stadtgründung und des dazugehörenden Annen-Klosters spielte.

Dass anno 1515 die Altstadt ca. 7 000 Einwohner hatte und die Neustadt schnell auf 3000 Einwohner anwuchs, waren interessante Aussagen, die z. B. Gerrit Deutschländer aus Hamburg zu berichten wusste, der über die Gründung der Eisleben Neustadt im 16. Jahrhundert sehr informativ berichtete.
Christian Philipsen von der Lutherstiftung sprach ausführlich über Rolle und Funktion des Augustiner-Eremiten-Klosterordens und Martin Luthers Beitrag zur Klostergründung in der Eisleber Neustadt als einem heutigen besonderen Luther-Ort.
Übersichtlich und anschaulich per PowerPoint berichtete Stefan König vom Verein der Mansfelder Bergarbeiter über das Bergbau- und Hüttenwesen. „Kupfer war Handelsgut und wurde gehandelt wie Gold“, so seine Feststellung. Dass zur Kupfergewinnung rund 2.400 Bergleute zur Stadtgründerzeit beschäftigt waren, ergab sich aus seinen Untersuchungen wie ebenso die Tatsache, dass um 1538 bereits 194 Schächte in Betrieb waren und die Bergleute eine 12-stündige Arbeitszeit ohne Wegezeiten verrichteten.
Reinhard Schmitt vom Landesamt für Denkmalspflege berichtete über neueste Bauforschungsergebnisse der Annenkirche. Mit seinem brisanten Vortrag informierte er nochmals über die Dentrochronologischen Untersuchungen von Klosterzellen und Kirche und konnte beweisen, dass die auf dem „Heidelberg-Epitaph“ gemalten sieben Rundgiebel der Klosterzellen eine Fälschung sind. Bautechnische Untersuchungen haben belegt, dass die Klosterzellen Spitzgiebel hatten, wie sie heute noch zu sehen sind. Dass bei Grabungen Teile des Kreuzgangs zwischen Kirche und Kloster ans Tageslicht kamen, war darüber hinaus eine interessante Neuigkeit, die für Erstaunen sorgte.
Sehr anschaulich berichtete Heimatforscher Rolf Enke über das Leben in der Neustadt mit seinem Kamerad-Martin-Denkmal, aber auch über die wechselvolle Geschichte des Neustädter Rathauses und die Stadtbesiedlung. Da Straßenzüge heute noch vorhanden sind, hatte gerade sein Vortrag einen großen Widererkennungseffekt.
In Bergbaugegenden sind Bergaufzüge immer eine Attraktion. Für den Verein der Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V. war es eine Selbstverständlichkeit, die Jubiläumsfeierlichkeiten der Eisleber Neustadt mit einem Bergaufzug zu begleiten, zumal in Eisleben über Jahrhunderte Bergaufzüge eine besondere Rolle bei berg- und hüttenmännischen Festtagen und im Bergmannsleben gespielt haben und das Tragen von Festuniformen und Arbeitskleidung per Order geregelt wurde.
So war am Sonntag zweifelsfrei der Bergaufzug von über 150 Berg- und Hüttenleuten aus Sachsen-Anhalt ein besonderer Höhepunkt zum Neustädter Festjubiläum.
Der Einladung des Vereins der Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V. waren 12 Bergvereine aus Sachsen-Anhalt gefolgt, u. a. aus Zielitz, Bernburg und Sangerhausen.
Unter musikalischer Begleitung des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Helfta führten
Kamerad Martin alias Norbert Lakomy und der Berghauptmann von 1796, Manfred Hauche, den Zug am Standbild des Kamerad Martin am Breiten Weg vorbei.

An den Querseiten der Annenkirche boten die Bergkameraden beim Festgottesdienst ein farbenfrohes Bild geschlossener Bergbautradition. Die Predigt hielt nach einem Grußwort von Finanzminister Jens Bullerjahn Landesbischhöfin Ilse Junkermann. An die Stadt- und Klostergründung erinnernd, mahnte sie, Gott in allen Dingen dankbar zu sein, denn ohne den Bergbau hätte es weder die Stadt noch die Bergmannskirche St. Annen gegeben. „Der Bergaufzug“, so predigte sie, „ist ein Beweis dafür, wie lebendig diese alte Tradition heute noch lebt und ich konnte beim Gottesdienst spüren, wie gut das Miteinander zwischen Vereinen, der Kirche und der Stadt funktioniert“. Seit Gott dankbar für dieses schöne Erlebnis“.
Der St.Annenkirchplatz bot nach dem Gottesdienst kaum Platz für alle Besucher. Hunderte Kuchenstücke wechselten den Besitzer. Der Eisleber Kindergarten „Glück Auf“ erfreute frisch und munter mit Kinderliedern und dem Glück-Auf-Lied die zahlreichen Besucher, ebenso wie die Musikschule „Fröhlich“ mit einem Akkordeonprogramm präsent war.
Andreas Sonntag, bekannt als Bergmönch, hatte wieder allerhand auf der "Pfanne". Mit Singsang und Schabernack aus dem Bergmannsleben trumpfte er auf. Dass das Fummelklötzchen immer wieder für Nachdenken sorgt und der Weiberarsch nicht ein weibliches Hinderteil, sondern als Schippe im Untertagebereich als ein wichtiges Arbeitsgerät von Nutzen war, wusste er wie immer launig und hinterschlitzig zu berichten. Bis in die späten Abendstunden hinein blieben zahlreiche Besucher beieinander. Die Hauskapelle um Gregor Majeswki herum animierte mit handgemachter Musik auf der Geige, dem Keybord und der Trompete und erreichte Stimmung pur ohne Ende.