Wiedereröffnung der St. Petri-Pauli-Kirche

 Eine Vision ist wahr geworden

“Im Übrigen bin ich in Eisleben geboren und dort in St. Peter getauft”, so schrieb Martin Luther vor fast 500 Jahren in einem Brief an Kurfürst Friedrich den Weisen in Wittenberg.

Am 29. April 2012 öffnete die Luthers-Taufkirche in der Lutherstadt Eisleben ihre Pforte

Die Lutherstadt Eisleben nahm an der Internationalen Bauausstellung IBA 2010 in Sachsen Anhalt teil. Die IBA 2010 will Wege aufzeigen, wie geht Sachsen-Anhalt mit dem immer weiter fortschreitenden Bevölkerungsrückgang um. Im Rahmen dieser Ausstellung entschied sich die Lutherstadt Eisleben den „Lutherweg Eisleben“ zu entwickeln. Unter dem Slogan K³-kleiner – klüger – kooperativer bezogen die Stadtplaner frühzeitig die Bevölkerung, Planer und Behörden in diesen Prozess ein.
Es entstand der „Lutherweg Eisleben“, in dessem Verlauf sich nun zahlreiche authentische und inszenierte Luther-Orte befinden.
Für die Taufkiche von Martin Luther, die zweite Station im Leben des Reformators, wurde Ende Mai 2008 erstmals ein Konzeptworkshop im Rahmen der IBA Stadtumbau 2010 durchgeführt. In diesem Workshop wurde der Focus auf alle Kirchen ausgerichtet. Dabei stellte sich heraus, dass sich Chancen ergeben, wenn vor allem nach einer Profilierung und Alleinstellung der jeweiligen Kirche durch eine thematische Ausrichtung und Nutzung gesucht wird.
Für die Petrikirche wurde ein Nutzungskonzept ins Auge gefasst, das neben den liturgischen Handlungen auch weitergehende Funktionen als Veranstaltungs-, Ausstellungs- und Tagungsort beinhaltet. Am Ende dieses Überlegung stand die Idee: „Zentrum Taufe“
Die damalige Pfarrerin Claudia Bergmann und der Pfarrer Scott More erarbeiteten eine Konzeptstudie. Diese Studie zum „Zentrum Taufe“ an der St. Petri-Pauli Kirche (Theologische Grundlagen – Praktische Vorschläge) wurde im Januar 2010 vorgelegt.
In diesem Konzept wurde eine dauerhafte Lösung vorgeschlagen, um den baulichen Erhalt sowie den betrieblichen Fortbestand der Kirche zu sichern.
In der Lutherstadt Eisleben kann man den ganzen Luther erleben. Von der Geburt bis zum Tod.
Wenige Schritte von Luthers-Geburtshaus entfernt, erhebt sich die St. Petri-Pauli-Kirche, die Kirche in der Luther am 11. 11. 1483 getauft wurde.

Am Sonntag, dem 29. April 2012 war es dann soweit. Die Wiedereröffnung wurde von allen Gemeindemitgliedern mit Spannung erwartet. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Die 53-jährige evangelische Luther-Botschafterin, Margot Käßmann, war erst zwei Tage zuvor als Botschafterin für das 500. Reformationsjubiläum 2017 eingeführt worden. Ihre Predigt in Eisleben war ihre erste offizielle Amtshandlung. Darin unterstrich sie die Bedeutung der Taufe für die Ökumene: "Mir ist wichtig, dass wir nicht Teil einer einzelnen Kirche werden durch die Taufe, sondern über alle Trennungen hinweg Teil der einen geglaubten Kirche, die unter all den Kirchen und Konfessionen existiert."
Gleichzeitig bezeichnete sie das Projekt in Eisleben als "mutig". Viele auch weniger gängige Praktiken der christlichen Taufe wie Übergießen, Eintauchen und Untertauchen würden hier ermöglicht. "Gerade solche Vielfalt der liturgischen Praxis macht ja auch Glauben und Kirche lebendig", sagte sie. Das "Zentrum Taufe" soll künftig für alle Formen der christlichen Taufe und für Tauferinnerungsfeiern offen stehen. Zudem könnten sich auf Wunsch Fremde im Beisein ihrer Heimatgemeinde taufen lassen. Bereits am Sonntag wurden vier Taufen vollzogen.
"Wir haben in Ostdeutschland doppelt so viele Erwachsenentaufen wie in Westdeutschland, viele haben auch den Wunsch richtig untergetaucht zu werden", erklärt die Theologin Simone Carstens-Kant, Projektleiterin des „Zentrum Taufe“.

Über dem graugrünen Grund plätschert das Wasser in sanften Bewegungen. Es wird regelmäßig ausgewechselt. Eine Messanlage überprüft zudem ständig den ph-Wert. Ähnlich einem Ehering trägt auch das Taufbecken auf seiner Innenseite eine Inschrift: "Macht alle Menschen zu meinen Jüngern". Die goldenen Lettern spiegeln sich im Nass. Dieses Taufbecken befindet sich am Schnittpunkt zwischen der Längsachse und der Querachse im Mittelschiff.
Auch der Boden wurde während der Renovierungsarbeiten ausgewechselt. Eine sandfarbene Betonplatte erstreckt sich nun auf der ganzen Fläche, unterbrochen von konzentrischen Kreisen, die sich vom Taufbecken wie Wasserwellen nach einem Steinwurf wegbewegen. Um die Säulen sind schmale Kiesbetten angelegt. "Mit dem Abstand zum Mauerwerk soll das Neue betont werden", erklärte die Theologin. Schwarz-graue Lampen greifen die Kreismuster wieder auf.
Neues und altes Taufbecken nebeneinander. Bänke aus unterschiedlichen Obstgehölzen können je nach Gelegenheit auf- und abgebaut werden.
Die Umbauten, die über ein Jahr andauerten, kosteten insgesamt rund 1,8 Millionen Euro. Fördergeld kam unter anderem aus dem Investitionsprogramm Nationale UNESCO-Welterbestätten und dem Konjunkturpaket II.
Eisleben im heutigen Sachsen-Anhalt ist Geburts- und Sterbeort von Martin Luther (1483-1546). Luther wurde am 11. November 1483, einen Tag nach seiner Geburt, in der Petri-Pauli-Kirche getauft. Unweit der Kirche befindet sich ein Museumsensemble, in dessen Mittelpunkt Luthers Geburtshaus steht. Das Gebäude ist ebenso wie das Sterbehaus des Reformators Weltkulturerbe der UNESCO. Internet: www.zentrum-taufe-eisleben.de
Nach einer kleinen Pause gab es Grußworte u. a. vom:
Kultusminister Sachsen-Anhalts, Stephan Dorgerloh, vom Finanzminister ST, Jens Bullerjahn, von der Oberbürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben, Jutta Fischer, Pfarrer Schwenke, OKR Wegner –EKD-, KR Fuhrmann –EKM- und Sup. Schilling –KKR-

Kultusminister Stephan Dorgerloh betonte, "Die Restaurierung der Taufkirche Luthers reiht sich ein in die Bemühungen, das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 würdig vorzubereiten", "Kaum ein anderer Ort als der, wo der Reformator Luther selbst getauft wurde, ist besser geeignet, ein Zentrum der Taufe zu sein. Die Taufe war ein wichtiges Thema in Luthers theologischem Nachdenken, das ihn bis ans Ende seines Wirkens beschäftigte."
Finanzminister Jens Bullerjahn zeigte sich zudem auch ausgesprochen zufrieden. „Dass mit vergleichsweise wenig Geld etwas so »Tolles« entstanden ist, ich bin beeindruckt“.

Die Oberbürgermeisterin, die selbst in der Kirchgemeinde Mitglied ist, war von Anfang an vom Projekt überzeugt. Bevor sie im Jahr 2006 zur Bürgermeisterin gewählt wurde, setzte sie sich aktiv für den Erhalt und die Restaurierung der drei wunderschönen, wohlklingenden Glocken, Apollonia, Benigna und Anna, ein. Seit 2008 erklingen diese über 500 Jahre alten Glocken im neuen Gestühl.
„Heute konnte ich miterleben, wie sich die Kirche im Inneren verändert hat, dass man nun von einem Zentrum Taufe spricht. Ich bin froh und stolz, dass man nicht bei den ersten kritischen Reaktionen gleich die Flinte ins Korn geworfen hat“, so die Oberbürgermeisterin.

Nach den Grußworten nutze die Oberbürgermeisterin die Gelegenheit und ließ die Luther - Botschafterin für das 500. Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann, sich in das Goldene Buch der Lutherstadt Eisleben eintragen.
Fast unbemerkt von dem Trubel erschien die Pfarrerin Carstensen-Kant mit einer Flasche Wasser. Diese Flasche goss sie, unter den staunenden Augen der Zuschauer in das Taufbecken.
Hintergrund dieser Aktion war:
Der Eisleber Norbert Lakomy war als Vertreter des Magdeburger Katholikenrates Mitte April Gast bei der Landessynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Für sein Grußwort hatte er diese Flasche mit Wasser aus dem Taufbecken mitgenommen, um den Synodenteilnehmern schon einen Eindruck von der umgestalteten St. Petri-Pauli-Kirche in Eisleben zu vermitteln. Er übergab diese Flasche der Bischöfin Ilse Junkermann mit der Bitte, dass dieses Wasser zur Eröffnung wieder in das Becken zurückgegossen werde möge.
Ob die Bischöfin die Flasche dem Propst Kasparick mitgeben hat, bleibt vorerst im Dunkeln. „Wir sind froh, dass das Taufbecken jetzt wieder gut gefüllt ist“, so Cartensen-Kant, der man sichtlich anmerkte, dass sie mit dem guten Verlauf der Eröffnungsfeierlichkeiten sehr zufrieden war.