Reformationstag in der Lutherstadt Eisleben

5. Rathausgespräch zum Thema: 20 Jahre Freiheit "Aber die Faust haltet stille"
Gehorsam und Widerstand bei Martin Luther und anderen.

Großes Besucherinteresse und erwartungsfrohe Stimmung

So wie in den anderen Lutherstädten würdigen auch die Eisleberinnen und Eisleber den Tag des Thesenanschlages, der weltweit die Reformation der katholischen Kirche auslöste.
Nicht mit einem Fest, sondern in angemessener Form.

Bereits zum 5. Mal veranstaltete die Stadt in enger Zusammenarbeit mit den Kirchen und der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt dieses Rathausgespräch im Sitzungssaal.
Die Moderation lag in diesem Jahr in den Händen des Hörfunkdirektors des MDR, Johann Michael Möller.
Der Veranstalter hatte zu diesem Thema den Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn und Dr. Edelbert Richter, Bundestagsabgeordneter im Ruhestand und Lehrbeauftragter für Philosophie, eingeladen.

Bevor aber das Gespräch begann, waren die zahlreichen Gäste zu einer Kaffeetafel mit selbstgebackenem Kuchen in das Foyer des Rathauses eingeladen, um gestärkt an dem anschließenden Gespräch teilzunehmen.

Die Oberbürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben, Jutta Fischer, begrüßte im vollbesetzen Sitzungssaal die Gäste. Unter ihnen waren zahlreiche Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik.
Einen besonderen Gruß richtete Frau Fischer an ihren Amtskollegen aus der Berg- und Rosenstadt Sangerhausen, dem Oberbürgermeister Herrn Poschmann mit seiner Gattin.

Mit besonderer Freude begrüßte Frau Fischer das Doppelquartett des Martin-Luther-Gymnasiums, welches bereits im vergangenem Jahr das 4. Rathausgespräch eröffnet hatte. Auf Wunsch der Oberbürgermeisterin erklang auch zum Auftakt der Lutherchoral „ Glaub nicht alles was du hörst und sag nicht alles was du weißt“.
Mit dem sich anschließendem Programm setzte das Doppelquartett musikalisch geschulte und gut interpretierte Akzente für die Gesprächsrunde, deren inhaltliche Aussagen nach Wahrheit und Ehrlichkeit heute genau so aktuell sind wie vor 500 Jahren.

Und die große Resonanz überraschte sogar den Moderator, wie er freimütig bekannte.
Er freute sich sehr, dass anders als in Halle, hier in der Lutherstadt Eisleben, quasi der Wiege der Reformation, die christlichen Traditionen lebendig sind.

Johann Michael Möller, MDR-Hörfunkdirektor, moderierte das Gespräch sicher und interessant. Sein erster Gesprächspartner war Dr. Edelbert Richter, "der rote Pfarrer aus Weimar", er ist Theologe, Philosoph und Autor, war Mitbegründer des Demokratischen Aufbruchs und später SPD-Mitglied und Bundestagsabgeordneter.
Er stellte die These auf: Es habe immer einen Widerspruch zwischen Luthertum und Luther gegeben. Luthers Wort "Seid untertan der Obrigkeit" - "das ist nicht die lutherische Tradition", so Richter. "Luther hatte nie Angst vor den Fürsten. Für ihn dagegen, so der Theologe, sei Luthers Freiheitsbegriff viel entscheidender. Luther sei für Glaubens-, Gewissens- und Gedankenfreiheit eingetreten. "Ein Christ gewinnt Freiheit aus dem Glauben. Und diese Freiheit führt zur Zuwendung zu anderen Menschen."
"Luther ist als Einzelner gegen die Welt aufgestanden und hat das auch durchgehalten", sagte Richter. "Wenn es das heute auch noch manchmal gäbe, das wäre wunderbar".

"Die Menschen haben doch heute eigentlich gute Chancen, aufzustehen", hielt der Finanzminister Bullerjahn dem entgegen. "Ich weiß nur nicht, warum sie es nicht tun."
Der Minister sagte, er wünsche sich, "dass die Menschen selbst mehr Verantwortung übernehmen". Er werde oft von Bürgern gefragt: "Was tun Sie für mich?" und er frage dann zurück: "Was tun Sie denn für die Gemeinschaft?"
Herr Bullerjahn, der in einer nichtkirchlichen Familie aufgewachsen ist, kam zur Wendezeit in engen Kontakt mit der Kirche. Auch später in der SPD-Landtagsfraktion seien viele Christen gewesen.
"Das hat mich verändert", so Bullerjahn. "Ich bin heute viel toleranter als vor 20 Jahren."
Viele interessante Vergleiche mit damals und heute kamen zur Sprache und lösten bei den begeisterten Zuhören ein Lächeln aus. So wurde der Ablasshandel angesprochen, damals der Geldfluss von Deutschland nach Rom und heute – nach Brüssel?

Aber auch nachdenkliche Worte erreichten die Zuhörer. So wies Herr Bullerjahn mehrere Male auf die derzeitige Entwicklung in der Gesellschaft hin. „Die Entwicklung vom "Wir" zum "Ich" verändert die Gesellschaft in eine Richtung, die generell nicht gut ist“ so der Finanzminister. Abschließend merkte der Finanzminister an „Keiner sollte den Anspruch haben, alle müssen so sein wie man selbst“.

Die Oberbürgermeisterin bedankte sich bei den Gästen und den Gesprächspartnern für die anregende und sehr inspirierende Runde. Mit Hinblick auf die von Herrn Bullerjahn angesprochene gesellschaftliche Entwicklung lud sie die Anwesenden herzlich ein, bei der Pflanzung von 5 Lutherrosen an den Stadtterrassen anwesend zu sein. Die Lutherrose wurde im Jahr 2010 zur „Rose des Jahres“ gekürt und im Europa-Rosarium der Stadt Sangerhausen gezüchtet.
Beide Städte werden in Zukunft gemeinsam die Region und den Landkreis vertreten und in der touristischen Vermarktung weiterhin zusammenarbeiten. Es besteht bereits eine enge Zusammenarbeit und durch solche Aktionen werden auch die Menschen mit auf diesen Weg genommen.
Mit dieser Pflanzung wurde die herausragende Stellung der Rosen für Martin Luther, der diese in seinem Familienwappen als Grundlage darstellt, gewürdigt.
Aus diesem Grund wurden für diese Pflanzung der Reformationstag und die 11. Station auf dem „Lutherweg in Eisleben“, die Stadtterrassen, gewählt. Damit dokumentiert die Stadt Eisleben ihr Bekenntnis zu seinen großen Sohn.
Auch die Zahl fünf war für diesen Tag quasi ein Muss. Es war das fünfte Rathausgespräch, wir gehen auf fünf mal 100 Jahre Reformation zu und an dieser Pflanzung beteiligten sich fünf Persönlichkeiten.
Die Rosen pflanzten gemeinsam:

Hörfunkdirektor des MDR, Johann Michael Möller.
Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn und
Philosoph Dr. Edelbert Richter, Bundestagsabgeordneter im Ruhestand
Oberbürgermeister der Stadt Sangerhausen, Ralf Poschmann und die
Oberbürgermeisterin der Lutherstadt Eisleben, Jutta Fischer.